BringBee stellt seinen Service ein - Gründerin Stella Schiefer erzählt uns warum

In der schweizerischen Sphäre der Kollaborativen Wirtschaft konnte man bis vor Kurzem eine bemerkenswerte Mitbringplattform für Einkäufe finden: Bringbee war ihr Name und wurde von der jungen Stella Schieffer mitgegründet. Das Prinzip sah toll aus: Als Kunde stellst du einfach deine Einkaufsliste in einem BringBee Partnershop zusammen und findest eine "BringBee", der deinen Einkauf gegen eine kleine Belohnung mitbringt. Der Crowdsourcing-Service war praktisch für Leute, die vielleicht nicht die Zeit oder kein Auto hatten, es war ein lukrativ für Mitbringer, und es war vor allem ein umweltfreundlicher Service, mit dem viele unnötige Fahrt gespart wurden. Obwohl dieser Service als „Wunderbares Konzept“ betrachtet wurde, kann man leider seit Oktober auf der BringBee Webseite dieses Satz lesen: „BringBee hat seinen Service in der Schweiz offiziell im October 2014 eingestellt“. Erstaunt darüber, haben wir mit Stella Kontakt aufgenommen und sie gebeten, uns mehr darüber zu erzählen.

Warum hattest du Bringbee gegründet? Was waren am Anfang deine Hauptmotivationen? Ich hab Verkehrsplanung studiert. Darum mache ich mir natürlich insbesondere Gedanken über unsere Mobilität und Verkehr. Es scheint absolut unnötig, dass jede Person ein eigenes Auto haben muss, zumal im Privatverkehr um die 70% aller Transportkapazitäten ungenutzt bleiben. Da ich selbst immer noch keinen Führerschein und immer riesige Probleme habe, wenn ich umziehe oder die IKEA Einrichtung in die Wohnung gebracht werden muss, wollte ich die Idee der Mitfahrgelegenheit auf Logistik und Lieferungen übertragen. Sharing Economy, Umweltfreundlich, Praktisch für die Bürger… Das Konzept von Bringbee sah richtig toll aus! Und das hat funktioniert oder?Du sprichst sogar von interessanten Partnern wie Ikea…

Wenn die Mitfahrgelegenheit funktioniert, war mich klar, dass auch „Mitnehmen“ funktionieren muss. Das hat es auch! Wir haben wirklich sehr positives Feedback von Kunden gehabt. Als „Sinnvoll“, „praktisch“ „nachhaltig“, „spassig“ wurde der Service von Kunden beschrieben. Worte, die niemand je z.B. zur Post als klassischem Lieferanbieter sagen würde. Insbesondere in Ballungsräumen und an hochfrequentierten Standorten kann ein Konzept wie BringBee natürlich von Anfang an gut funktionieren. Es war super eine IKEA Filiale als den allerersten Pilotpartner mit dabei zu haben. Später haben wir dann auch mit vielen kleineren Händler kooperiert, wie z.B. Brauereien oder kleinen Home Accessoire Shops. Warum hat Bringbee am Ende nicht so gut funktioniert, während die Collaborative Economy einen Aufschwung erlebt? Sind die Konsumgewohnheiten der Leute zu schwer zu verändern?

Die Sharing Economy ist absolut im Kommen, trotz allem sind die wenigsten Modelle bisher wirklich erfolgreich. Die erfolgreichen Modelle sind die, bei denen ein Grossteil der Mitglieder professionell hauptberuflich die Tätigkeit ausübt und bei denen die Marge gross ist, wie in der Hotelbranche. Logistik oder auch Tauschen von Alltagsgegenständen sind da durchaus schwieriger.

Das Thema wird kommen. Es können aber noch 1 oder aber auch 3 Jahre sein.

Warum wir BringBee letztlich eingestellt haben, hatte verschiedene Gründe. Das Wachstum war nicht zufriedenstellend und wir mussten an zu vielen Baustellen kämpfen: (1) Umerziehung und Marketing auf Kundenseite, (2) Verhaltensänderung und Kommunikation auf der „BringBee“ Seite, also bei den Mitbringern und dann (3) noch auf der Seite der strategischen Partner im Handel. Insbesondere die Partner waren sehr schwer zu gewinnen. Zu Gründen gehörten sehr lange Innovationszyklen im Handel, mangelhafte Produktdaten- und bilder, fehlende IT Schnittstellen, schlicht ein volle Projektpipeline und andere Prioritäten, Risikoaversität, Hierarchien, Brandingregulationen... das war von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Denkst du, dass ihr zu jung wart? Zu naiv? Wie schwer ist es, seinen Platz auf dem Markt zu finden? Was sind die Hauptschwierigkeiten? Die Hindernisse zu überwinden?

Wir waren weltweit eine der ersten Firmen überhaupt mit Peer-to-Peer Lieferungen auf der letzten Meile. Wir mussten also erst einmal den gesamten Markt erziehen. Eigentlich waren wir nur zwei Jahre lang Evangelisten für eine neue Idee. Das Konzept ist dabei so disruptiv, dass es auch bei den Entscheidungsträgern erst mal reifen muss, denke ich.

Eigentlich waren wir nur zwei Jahre lang Evangelisten für eine neue Idee. Das Konzept ist dabei so disruptiv, dass es auch bei den Entscheidungsträgern erst mal reifen muss, denke ich.

Wenn Sie BringBee das erste Mal auf einer Konferenz sehen, denken Sie vielleicht „ah, lustige Idee“. Wenn Sie es das zweite Mal sehen „Ach, die Stella meint das ja wirklich ernst. Vielleicht müssen wir da auch mal drüber nachdenken“. Nach 2-3 Jahren wird es dann vielleicht tatsächlich ein strategisches Projekt im Unternehmen. Auch war es für uns sicherlich ein Problem, dass wir direkt von der Uni keine Kontakte in der Branche hatten. Wir mussten ein Netzwerk, Kontakte und Kredibilität erst einmal aufbauen. Das hat natürlich auch Zeit gekostet. Deiner Meinung nach, war die Schweiz auch ein Problem? Oder wäre es in allen anderen Ländern gleich gewesen? In der Schweiz haben wir angefangen, weil wir dort gewisse Startup Unterstützung hatten und ein kleines Netzwerk über Wettbewerbe, Stiftungen und die Startup-Szene. Dabei war die Schweiz mit sehr vertrauensvollen und zuverlässigen Menschen, sehr reichen Menschen, die bereit sind für gewisse Services zu zahlen und einem hohen Umweltbewusstsein sicherlich ein guter Testort für BringBee. Klar, dass man aber über kurz oder lang hätte schnell expandieren müssen, weil der Schweizer Markt einfach zu klein ist. Letztlich waren wir aber an Konferenzen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und sassen überall mit führenden Detailhändlern zusammen. Die Partnersuche war aber überall sehr mühselig. Du sagtst trotzdem “Wir sind sicher, das Thema Crowdlogistik ist noch nicht vorbei. Es kommt erst noch”. Aber welchen Rat kannst du den neuen jungen Startups geben?

Was würdest du ändern, wenn du wieder nochmal anfangen würdest? Was müsste passieren, damit ein Service wie BringBee erfolgreich wird?

Absolut, auch von den Gesprächen, die ich mit Händlern geführt habe, bin ich absolut sicher: das Thema wird kommen. Es können aber noch 1 oder aber auch 3 Jahre sein. Wir haben einfach nicht die Ressourcen, diese Innovation durchzufinanzieren und die Opportunitätskosten sind einfach zu hoch. Ich bin trotzdem sehr froh, dass wir den Schritt gewagt haben. Wer nichts wagt, kann auch nichts gewinnen. Es ist einfach wichtig, für alle Startups in der Sharing Economy, so früh wie möglich Mentoren ins Boot zu holen, die die Industrie und Branche kennen, neben C2C Transaktionen auch B2B Einkommensströme aufzubauen und strategische Partner als Investoren und Multiplikatoren zu gewinnen, damit man eine Chance hat, die lange Zeit zum Breakeven bei extrem kleinen Margen zu überleben.

Vielen Dank Stella für deine Antworten & viel Erfolg für deine kommenden Projekte!